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04 TAG DER FREIHEIT: Ein Fest der Verschmelzung


Leni Riefenstahls TAG DER FREIHEIT – UNSERE WEHRMACHT ist im Auftrag der NSDAP anlässlich der Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht produziert worden. Er ist also genauso wie Capras Filmreihe an die Rekruten gerichtet, die noch auf den Krieg einzuschwören sind. Beide Filmarbeiten entfalten das Ethos der Zugehörigkeit des Einen zur Gemeinschaft, beide zielen auf das Pathos der Selbstopferung als Unterpfand dieser Zugehörigkeit. Und doch wird man sich kaum einen größeren Kontrast vorstellen können, als den zwischen den jeweiligen Inszenierungsweisen.



Riefenstahls Film hat eine klare Aufteilung: Ein Epilog zeigt eine Gruppe jugendlicher Männer mit entblößten Oberkörpern bei der Morgenwäsche: Man sieht lachende Gesichter, jugendliche Körper, ausgelassene Morgenstimmung. 


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TAG DER FREIHEIT - UNSERE WEHRMACHT, Leni Riefenstahl, Deutschland 1935 (2. bis 4. Minute)

Inszenierung alltäglicher Körperlichkeit 


Dann folgt ein Zwischenteil, der Fußtruppen und reitende Soldaten zeigt, die im Morgenlicht durch höchst stilisierte Kameraperspektiven und kunstvolle Nebelschwaden die alltägliche Körperlichkeit gegen Uniform, Reiterpose und Untersichtporträts getauscht haben.  


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TAG DER FREIHEIT - UNSERE WEHRMACHT, Leni Riefenstahl, Deutschland 1935 (4. bis 6. Minute)

Zurichtung der Einzelnen
(Verwandlung in Reiter und Soldaten) - 



Stilisierung auf der Ebene der Inszenierung 


In der Folge ist der Aufmarsch der Soldaten, ihr Einmarsch in eine Art Stadionrund inszeniert; vorbei an mit Publikum gefüllten Rängen und der Tribüne der Generalität. Die Soldaten fügen sich ein in die strenge Geometrie der Heerschau des Führers. Dann folgt eine Rede Hitlers an die neu rekrutierten Soldaten.1 Er variiert in ornamentalen Tiraden die immer gleiche Metapher: Die jungen Männer dürfen und sollen ihre erniedrigte physische Existenz eintauschen gegen die Teilhabe an einer ebenso abstrakten wie heroischen Körperschaft – dem wieder aufgerichteten Corpus des deutschen Mannes, der Wehrmacht der Väter. 


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TAG DER FREIHEIT - UNSERE WEHRMACHT, Leni Riefenstahl, Deutschland 1935 (ab Minute 7, zensurierte Filmversion)

Formierung einer kollektiven Körperschaft 



Geometrisierung


Was dann folgt, sind die Stufen eben dieser Anverwandlung, inszeniert als Verschmelzung des Menschenmaterials mit dem technischen Material. Erneut sieht man die Soldaten – gesichtslos unter den Helmen – an der Tribüne vorbeimarschieren. Der Zug erweist sich als Eröffnung eines Manövers: Infanteristen, die sich schießend auf den Boden werfen. Es folgen in mehr oder weniger strenger Staffelung Soldaten auf Motorrädern, in Autos mit angehängten Kanonen, dann leichte Kettenfahrzeuge, gepanzerte Wagen, schließlich Tanks. Der aufmerksame Blick der NS-Elite in den Himmel kündigt die letzte Steigerung an: die Flieger. 


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TAG DER FREIHEIT - UNSERE WEHRMACHT, Leni Riefenstahl, Deutschland 1935 (7. bis 13. Minute, zensurierte Filmversion)

Verschmelzung von Menschenmaterial und technischem Material 




 

Dynamisierung der Wahrnehmung


Durch die elaborierte Rhetorik dynamischer Montagesequenzen entsteht ein Bild streng-planmäßiger Vernichtung: eine Art theatralisch fingierte kriegerische Eskalation nach den Regeln eines Kinderspiels – die Autos überbieten die Männer auf den Motorrädern, die Panzer die leichten Kettenfahrzeuge und die Flieger noch die in den Tanks verborgenen Grenadiere. 


Stills aus TAG DER FREIHEIT - UNSERE WEHRMACHT, Leni Riefenstahl, Deutschland 1935
Stills aus TAG DER FREIHEIT - UNSERE WEHRMACHT, Leni Riefenstahl, Deutschland 1935

Der alltägliche Körper, mit dem der Film einsetzt, ist der Gegenstand einer rituellen Zurichtung, die ihn schließlich auslöscht. 



Auf diese Auslöschung gründet sich das Leben des Trupps, des Zugs, des Bataillons, der Division, der Armee, der Nation. 


1 Auszug aus der Transkription der Hitlerrede:


Zum zweiten Mal treten Verbände des Heeres und der Marine auf diesem Platze an. Zum ersten Mal im Zustand der neuen Wehrfreiheit. Nun wird wieder jeder deutsche junge Mann – soweit er von der Nation als würdig angesehen wird – in eure Reihen einrücken. Jeder von euch muss gewiss bringen ein Opfer an persönlicher Freiheit. Er muss bringen Gehorsam, Unterordnung, (unverständlich), Ausdauer und in allem höchste Ritterlichkeit. Allein, diejenigen irren sich, die glauben, dass dieses Opfer dem deutschen Mann abge(unverständlich) werden muss. Das haben zu allen Jahrhunderten die deutschen Männer freiwillig geleistet und waren stolz auf diese Leistung. Ihr, meine Kameraden, trägt eure Spitze, eure Waffe, und auf eurem Helm ein ungeheuer schweres Vermächtnis. Ihr seid nicht etwas künstlich Gemachtes, etwas Traditionsloses, was keine Vergangenheit hat, sondern was es in Deutschland auch gibt, es tritt an Tradition zurück hinter dem, was ihr an Tradition zu verkörpern habt und verkörpern könnt. (...)
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